Hilfe für Opfer von sexuellem Missbrauch
Südafrika zählt zu den Ländern mit der höchsten Vergewaltigungsrate der Welt: Alle zehn Minuten wird eine Frau vergewaltigt. 40 Prozent der Jugendlichen unter 18 Jahren berichten, dass sie in ihrem Leben schon mindestens einmal vergewaltigt worden sind. Gerade Gewaltopfern aus den Townships und aus ländlichen Regionen fehlt die professionelle Unterstützung. Unsere Partnerorganisation LifeLine in Pietermaritzburg bietet den Opfern erste Hilfe an und baut Anlaufstellen für Opfer von sexuellem Missbrauch an Regionalspitälern auf.
Sexuelle Gewalt ist in Südafrika immer noch gesellschaftlich akzeptiert. Bis 2007 galt sie sogar nur als unzüchtiges Verhalten. Armut, hohe Arbeitslosigkeit und Alkohol sind Faktoren, die zu Perspektiv- und Machtlosigkeit führen und sich in Gewalt entladen können. Die wenigsten Täter werden angezeigt oder verurteilt, weil viele aus dem familiären Umfeld kommen. In Südafrika gibt es viel zu wenige öffentliche Einrichtungen und Spitäler, die sich umfassend um die Betroffenen kümmern. Das staatliche Gesundheitssystem beschränkt sich auf freie medizinische Versorgung. Die notwendige psychosoziale Betreuung bleibt Gewaltopfern aus den unteren sozialen Schichten vorenthalten.
Umfassende Unterstützung für Gewaltopfer
Die Organisation LifeLine verfolgt mit ihrem Projekt ein mehrfach erprobtes Modell, mit dem sie bereits in verschiedenen ländlichen Distrikten erfolgreich Anlaufstellen für psychosoziale Unterstützung von Gewaltopfern aufgebaut hat. Dabei arbeitet das Projektteam sehr eng mit traditionellen und offiziellen Gemeindevorstehern, Gemeindemitgliedern sowie lokalen Spitälern zusammen. LifeLine baut in den Spitälern Anlaufstellen – sogenannte Crisis Care Centers auf, in denen Gewaltopfer professionelle medizinische und psychosoziale Hilfe erhalten, zu der unter anderem auch eine HIV-Prophylaxe gehört. Das Risiko einer Übertragung von HIV ist einer der gewichtigen Faktoren bei einer Vergewaltigung. Bei der Erstuntersuchung im Crisis Care Center wird ein HIV-Test durchgeführt. Fällt dieser negativ aus, wird dem Opfer eine Post-Expositions-Prophylaxe verabreicht. Nach drei Monaten wird der HIV-Test nochmals gemacht, um den negativen Status zu bestätigen. Wird das Opfer bei der Erstuntersuchung positiv getestet, folgen Information und Therapieberatung. In diesem Fall wurde die Frau schon früher mit dem HI-Virus angesteckt. Unsere Partnerorganisation LifeLine hat zum Ziel, dass nach einer Aufbauphase von zwei bis drei Jahren die Anlaufstelle und die dabei anfallenden Kosten vollumfänglich in die Gesundheitsausgaben des Spitals integriert werden. Dies ist LifeLine bisher in allen Distrikten gelungen, in denen sie tätig war.
Jugendliche fördern und ausbilden
Jährlich bildet LifeLine 20 arbeitslose Jugendliche zu Gemeindearbeitern aus. Nach einem sechswöchigen Kurs mit Abschlussprüfung absolvieren die Jugendlichen ein zweijähriges Praktikum bei LifeLine. Sie betreuen Gewaltopfer in lokalen Polizeistationen und leisten Aufklärungs- und Prävenstionsarbeit in ihren Gemeinden. Diese Erfahrung hilft ihnen anschliessend, eine Arbeit zu finden. Die Jugendlichen entwickeln Lebensperspektiven und werden handlungsfähig. Auch die Gemeinschaft sowie lokale und traditonelle Führer werden involviert. Dadurchkann deren Unterstützung zugesichert werden, die es den Jugendlichen ermöglicht, in der Gesellschaft Fuss zu fassen und aktiv teilzunehmen.
Unsere Partnerorganisation
LifeLine Pietermaritzburg existiert seit 1972 und gehört zum Netzwerk von LifeLine Southern Africa, das in fünf Ländern im südlichen Afrika tätig ist. Ursprünglich startete die Organisation mit einer telefonischen Hotline, die auch heute noch existiert. Mehr als 90% der Arbeit von LifeLine findet heute in den Gemeinden und Distrikten statt. 1998 hat LifeLine Pietermaritzburg angefangen, Angebote für Gewaltopfer ab Regionalspitälern und Präventionsarbeit in den Gemeinden aufzubauen. terre des hommes schweiz unterstützt LifeLine seit 2010.
Den sozialen Wandel anstossen
An der Gewaltsituation in Südafrika kann sich langfristig nur etwas ändern, wenn die Ursachen bekämpft werden. Daher legt die Organisation LifeLine grossen Wert auf die Sensibilisierungsarbeit in den Gemeinden und bildet zu diesem Zweck Jugendliche aus, die ihre Gemeinden und deren Probleme bestens kennen. Die Jugendlichen arbeiten mit Kleingruppen nach der Methode des lösungsorientierten Ansatzes. Ausgehend von der Annahme, dass jeder Mensch Experte seiner eigenen Lebenssituation ist, werden in der Kleingruppe die spezifischen Gewaltphänomene besprochen und lokal angepasste Lösungen entwickelt. Dadurch wird der soziale Wandel initiiert. (2014)
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