Tag der Alten: Alte Menschen fordern ihre Rechte
Am offensichtlichsten geschieht dies jeweils am 1. Oktober. An diesem Tag, dem neu eingeführten Tag der Alten, ziehen mehrere hundert alte Frauen und Männer unüberhörbar durch das Dorfzentrum und versammeln sich vor den Gebäuden von Kwa Wazee. Eingeladene Politiker werden daran erinnert, was alte Menschen für die Gemeinschaft geleistet haben und noch leisten, und sie hören deren Forderungen: Renten und Zugang zu Gesundheitsleistungen für alle älteren Menschen.
Fernziel - Renten für alle: In Nshamba und den umliegenden Dörfern, wo mittlerweile fast 1'100 alte Menschen von Kwa Wazee Renten erhalten - die meisten von Ihnen betreuen Aidswaisen - sind einige der Forderungen umgesetzt.
Dies ist nur eine der Erfolgsgeschichten von Kwa Wazee wie sie im Jahresbericht 2012 angesprochen werden. Bedeutsam sind vor allem jene der weit über tausend Grossmütter, die Dank einer Rente ein Leben führen können, mit mehr Sicherheit, mehr Würde und mehr Perspektive. Oder die Geschichte der mit ihnen aufwachsenden Enkelkinder, die Schule und Leben besser bewältigen. Oder die Erkenntnis, dass Renten und Kinderzulagen auch für ein armes Land wie Tansania bezahlbar wären.
Im vergangenen Jahr untersuchten drei Mastersstudentinnen der Universität Marburg, wie sich die Renten und die Bildung von Nachbarschaftsgruppen auf die vielfältigen Fähigkeiten von alten Menschen auswirken, mit ihren Lebensbedingungen zurechtzukommen.
Die Schlussfolgerung des Forscherteams: Während die Renten entscheidend wichtig sind für die Grundsicherung, stärken die Nachbarschaftsgruppen die individuelle und soziale Handlungsfähigkeit und den Zugang zu den Ressourcen der Dorfgemeinschaft.
"Die Rente von Kwa Wazee hat mich mit anderen Menschen zusammengebracht, weil sie wissen, dass ich etwas habe und ich sie vielleicht eines Tages auch unterstützen kann. Deshalb unterstützen sie mich.“
In den sorgfältig aufgezeichneten Gruppengesprächen wird die zentrale Bedeutung der Renten zur Befriedigung der absoluten Grundbedürfnisse erneut sehr deutlich. Ebenso die bessere soziale Integration, die durch mehr Essen, Hygiene und Kleidung ensteht. Ermutigend ist die Rückmeldung, dass für viele die Gruppe als Sicherheitsnetz bereits ebensowichtig ist wie die Unterstützung durch Kwa Wazee.
Tabuthema: Gewalt gegen alte Menschen: Wichtiger Schwerpunkt in der Arbeit mit den Nachbarschaftsgruppen war auch in diesem Jahr das Thema Gesundheit. Anfang Jahr erfuhr dieses eine Ausweitung: Ein in diesem Jahr erstmals durchgeführter Kurs zum Selbstschutz alter Menschen offenbarte, dass alte Menschen viel häufiger als vermutet Opfer von Gewalt werden. Die meisten der Teilnehmerinnen berichteten von teilweise heftiger Gewalt – darunter auch Vergewaltigungen –, der sie zuweilen ausgesetzt sind. Nach dem Kurs wurden weitere Fälle bekannt, darunter jener von ‚Generosa’, einer der ersten Grossmütter überhaupt im Rentenprogramm. Im vergangenen Sommer wurde sie überfallen, geschlagen und gewürgt, bis vom Enkelkind alarmierte Nachbarn sie vor Schlimmerem retten konnten. Kwa Wazee hat in der Folge viel Zeit damit verbracht, Behörden und Dorfchefs für die physische Gefährdung alter Menschen zu sensibilisieren. Dies ist ein wichtiger Faktor, um ihren Schutz zu erhöhen. (Jahresbericht Kwa Wazee 2012)