HIV-Tests für zu Hause
NZZ - "Schätzungsweise 14 Millionen Personen wissen nicht, dass sie HIV-positiv sind. Die Weltgesundheitsorganisation will daher Selbsttests fördern. In der Schweiz sind solche Tests bis jetzt nicht zugelassen.
Die mangelnde Diagnose von HIV-Erkrankungen ist laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Hauptgrund dafür, dass nicht alle HIV-Infizierten eine antiretrovirale Therapie erhalten, die auch vor einer Ansteckung weiterer Personen schützt. Heute erhalten weltweit 80 Prozent der Personen, die ihre positive HIV-Diagnose kennen, eine antiretrovirale Behandlung. Aber das ist nur die Hälfte der 36,7 Millionen Kranken, die vermutlich HIV-positiv sind. Schätzungsweise 14 Millionen Menschen wissen nichts von ihrer Infektion. «Wir haben noch eine bedeutende Kluft bei der Behandlung», sagt der Direktor der WHO-Abteilung HIV/Aids, Gottfried Hirnschall.
Um das ehrgeizige Ziel «90-90-90 bis 2020» des Anti-Aids-Programms der Uno (Unaids) zu erreichen, müssen mehr HIV-Tests vorgenommen werden. (...) Daher will die WHO Selbsttests fördern, damit sich auch Personen testen, die auf anderen Wegen schwierig zu erreichen sind. Dazu zählt die WHO Männer im Allgemeinen – Frauen werden oft bei einer Schwangerschaft auf das HI-Virus getestet. Zu den Risikogruppen zählen weiter Jugendliche, Transgender-Personen und Männer, die mit Männern Sex haben.
«Der Selbsttest dürfte zahlreichen Menschen ermöglichen, ihren HIV-Status zu kennen und zu erfahren, wie sie eine Behandlung erhalten können», sagt die WHO-Koordinatorin für HIV-Prävention, Rachel Baggaley. Es gibt Selbsttests mit einem Speichelabstrich und solche mit Finger-Blutentnahme. Das Resultat ist laut Baggaley innert 20 Minuten bekannt. Im Falle eines positiven Resultats ist zusätzlich ein Labortest nötig. Die WHO empfiehlt den Mitgliedstaaten, HIV-Selbsttests in ihr Gesundheitssystem zu integrieren: Laut der Organisation testen sich Männer, die Sex mit Männern haben, dank den Selbsttests doppelt so häufig. Eine Studie in Kenya habe zudem gezeigt, dass sich nun doppelt so viele Partner von Schwangeren testeten als bisher.
Nach Ansicht der WHO sollen Selbsttests-Kits gratis oder zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung stehen. Zurzeit haben 23 Länder HIV-Selbsttests in ihre Gesundheitspolitik integriert. In den USA gibt es solche Tests seit mehreren Jahren, inzwischen sind sie auch in Grossbritannien und Frankreich erhältlich.
Das Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) rät aber von HIV-Selbsttests ab; hierzulande sind sie nicht zugelassen. «Ein derart sensibles Thema wie der HIV-Status einer Person kann nur zusammen mit einer Gesundheitsfachperson angegangen werden», sagt BAG-Sprecher Daniel Dauwalder. Das BAG befürwortet die VCT-Strategie («voluntary counselling and testing»), die sowohl Test als auch Beratung umfasst. (...)" (Foto: UNICEF Ethiopia)