Oktober 2019

10.10.2019

Die Public Health Welt ist noch nicht bereit, über sexuelles Vergnügen zu sprechen

Liebe aidsfocus Leserinnen und Leser,

An der diesjährigen MMS / aidsfocus.ch-Konferenz war ich überwältigt von der Kraft und inneren Stärke, die die jungen Referent*innen mit ihrem Wunsch und Engagement zum Ausdruck brachten, sich für die sexuellen Rechte und die sexuelle Gesundheit junger Menschen einzusetzen.

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage: Sollen junge Menschen gerne Sex haben? Haben sie es denn? Aber sicher (!) sofern sie entsprechend aufgeklärt sind.

Stellen Sie sich ein junges Mädchen im ländlichen Asien vor, das vor dem 18. Lebensjahr verheiratet wird und plötzlich mit dem Akt des Geschlechtsverkehrs konfrontiert ist, ohne viel darüber zu wissen und ohne jemals aufgeklärt worden zu sein. Geschichten wie diese sind alltäglich und lösen bei mir starke Gefühle aus. Die Konzentration auf das Vergnügen mag im Vergleich zur Kinderheirat unwichtig erscheinen, aber es gibt Evidenzen, die belegen, dass die Unterweisung von Mädchen und Frauen über das sexuelle Vergnügen es ihnen ermöglicht, Verantwortung für  ihre eigene Sexualität zu übernehmen und so besser NEIN sagen zu können.

Die Sexualerziehung klammert das sexuelle Vergnügen meist aus. Der Fokus ist hauptsächlich auf die Angst gerichtet, sich durch sexuell übertragbare Krankheiten anzustecken. Sexualität soll unterdrückt und kontrolliert werden. Der pleasure-based approach hingegen, sieht das sexuelle Vergnügen hingegen als eine wichtige Komponente in der Sexualerziehung, um das Selbstvertrauen und den Selbstwert von Frauen wie auch von Männer zu stärken. Dieser Ansatz führt dazu, dass ein verantwortungsvollerer Umgang mit der eigenen Sexualität möglich wird.

Medicus Mundi Schweiz setzt sich für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte ein und unterstützt alternative Ansätze wie den pleasure-based approach, um die sexuelle und reproduktive Gesundheit weltweit zu verbessern. Lesen Sie mehr über das Pleasure Project im Beitrag von Arushi Singh and Anne Philpott.

Carine Weiss
Koordinatorin aidsfocus.ch

Projektleiterin Medicus Mundi Schweiz
cweiss@medicusmundi.ch