Oktober 2015

14.10.2015

Many HIV-positive people are still left behind

Liebe Leserin, lieber Leser,

Beginnt nun eine neue Ära in der Ausrottung des Aids-Erregers? Was an der diesjährigen International AIDS Society Konferenz in Vancouver als Durchbruch gefeiert wurde, könnte in der Tat die Ausbreitung des Erregers für immer stoppen! Alle Infizierten, die das HIV-Virus in sich tragen, sollen frühzeitig eine antiretrovirale Behandlung erhalten. Die wissenschaftliche Gemeinschaft in Vancouver sprach fast schon euphorisch von einem historischen Moment.

Überhaupt reibt man sich gerade ein wenig verwundert die Augen angesichts der aktuellen Erfolgsmeldungen in Sachen Aids! So überraschte UNAIDS mit der Botschaft, dass noch vor Ablauf der Millenniumsziele Ende 2015 das Ziel vorzeitig erreicht wurde und 15 Millionen Menschen weltweit in Behandlung sind. Und aus Kuba kommt die Meldung, dass es ihr als erster Nation gelungen ist, die Mutter-Kind-Übertragung zu stoppen.

Rückt das ambitionierte Ziel „Ending AIDS by 2030“ nun in erreichbare Nähe? Die Weichen sind offenbar gestellt, die Wissenschaft hat die erforderlichen medizinischen Voraussetzungen und UNAIDS mit dem Fast Track Report, das entsprechende Instrument geschaffen, um die Massnahmen in hohem Tempo umzusetzen. Erstes Etappenziel bis zum Jahre 2020: „90-90-90“ - 90 % aller HIV-Infizierten sind getestet, 90 % davon sind in Behandlung und 90% können eine erfolgreiche Virussuppression vorweisen.

Aber Vorsicht! Das klingt gut, solange wir uns nicht daran erinnern, wo wir heute stehen: Über 50% der HIV-Positiven wissen nicht, dass sie das Virus in sich tragen, weil sie sich keinem Test unterziehen. Enorme Anstrengungen sind in den nächsten fünf Jahren bis 2020 notwendig. Daran liess Sally Smith von UNAIDS an der diesjährigen aidsfocus.ch Fachtagung keine Zweifel aufkommen. Ein „Weiter wie bisher“ bedeutet einen Rückschritt! Und auch UNAIDS Director Michel Sidibè mahnte kürzlich an anderer Stelle: „Now we face a new conspirancy that the job is done“. Warum der Job noch nicht getan ist, welche Herausforderungen noch zu bewältigen sind, können Sie in unserem aktuellen MMS Bulletin „Many HIV-positive people are still left behind“ nachlesen. Vor allem unter den dort beschriebenen Risikogruppen, mit ihren überproportional hohen Neuinfektionen wird sich entscheiden, ob das Virus gestoppt werden kann. Bislang wurden diese Menschen, insbesondere SexarbeiterInnen, Homosexuelle, Transgender, Behinderte, Gefängnisinsassen, junge Frauen und Mädchen von den Programmen kaum erreicht. Sally Smith ist überzeugt: „Wir müssen die Dinge anders machen.“

Über die biomedizinischen Aspekte von HIV hinaus, müssen vor allem die sozialen und strukturellen Hindernisse beseitigt werden: Regierungen und finanzielle Entscheidungsträger, nationale und internationale Organisationen müssen verstärkt mit HIV-Positiven und Aktivisten als ihren Verbündeten zusammenarbeiten. Die enge Kooperation mit den Kommunen und der Zivilgesellschaft ebenso wie ein entschiedenes Vorgehen gegen Menschenrechtsverletzungen sind die Schlüsselfaktoren im neuen Tempo für eine Zukunft ohne Aids. Wie ernst es der internationalen Gemeinschaft damit ist, muss sie jetzt beweisen!

Martina Staenke

Mitarbeiterin Kommunikation Medicus Mundi Schweiz

mstaenke@medicusmundi.ch