August 2015

14.08.2015

Life in Progress

Liebe Leserin, lieber Leser,

Ist es cool Kondome zu benutzen? Die beiden jungen südafrikanischen Protagonisten aus dem Film „Life in Progress“ von Irene Loebell sind nicht einer Meinung. Venter, Anfang zwanzig ist sich seiner Verantwortung als junger Familienvater sehr bewusst und bejaht die Frage. Der gleichaltrige Tshidiso findet es hingegen ziemlich uncool, denn es fühlt sich an wie „having sex with a condom“. Ausserdem kosten die „coolen“, bunten und mit einem Duftstoff versehenen Kondome, umgerechnet CHF 5.- CHF am Automaten. Welcher junge sex-aktive Mann kann sich das schon leisten?

Die Diskussion mit den beiden jungen Südafrikanern, die nach Abschluss der Dreharbeiten zum Film „Life in Progress“ in die Schweiz eingeladen wurden, verläuft erstaunlich direkt. Die beiden jungen Männer, die in einem Township in Johannisburg leben und aufgewachsen sind, gehören zu einer der ersten über HIV/Aids aufgeklärten Generation. Ihre Einstellung zu Kondomen ist nur eines der Gesprächsthemen, welche das Publikum in der Diskussion mit den beiden und der Regisseurin,  interessierte. Spannend war auch zu hören, wie die beiden mit der alltäglichen Konfrontation durch HIV/Aids klarkommen. Ihre bewegenden Antworten können Sie in unserem Thema des Monats nachlesen. Anlässlich ihres 30-jährigen Jubiläums hatte die Aids Hilfe Bern im Frühjahr 2015 den Film „Life in Progress“ gezeigt und anschliessend zu einer Podiumsdiskussion mit der Regisseurin und den beiden Hauptdarstellern eingeladen.

Erneut stehen junge Menschen im Zentrum von aidsfocus.ch. Als eine der zwölf von UNAIDS als besonders gefährdet eingestuften „vulnerable groups“, ist es das Ziel, dass bis 2030 kein junger Mensch mehr an Aids stirbt. Zahlen wie sie im jüngsten Bericht der UNAIDS-Lancet Commission „Defeating AIDS–Advancing Global Health“ nachzulesen sind, dass zwischen 2005-2013 die Rate der Aidstoten unter den Heranwachsenden um 50% gestiegen ist, sollten der Vergangenheit angehören. Ebenso wie die Frage, ob es cool ist, ein Kondom zu benutzen.

Dieses Ziel hat sich auch die südafrikanische Regierung auf die Fahnen geschrieben und aktuell eine grossangelgte „Kondom-Kampagne“ lanciert. Bunte Präservative sollen die "Kondom-Müdigkeit" in Südafrika stoppen. In den nächsten drei Jahren sollen 3 Milliarden Kondome, in neuer Verpackung, parfümiert und mit knalligen Farben kostenlos verteilt werden. Kosten für den Staat: R3,5 Milliarden. Die bislang verteilten Kondome gelten als langweilig, out und von schlechter Qualität. Alarmierende Zahlen belegen: In der Altergruppe der 15 bis 24-jährigen haben 2012 nur noch 67 Prozent der Männer und nur 50 Prozent der Frauen ein Kondom benutzt (BBC News, 2014). Gleichzeitig stieg die Zahl der HIV-Infizierten unter den jungen Erwachsenen in Südafrika in den letzten Jahren langsam, aber stetig an (Erica Penfold, The Conversation, July 2015).

Man darf gespannt darauf sein, ob die Massnahme Erfolg zeigt. Falls ja, kann dies auch für andere Länder mit einer hohen HIV-Prävalenz als eine Best Practice Intervention gelten.

Martina Staenke

Mitarbeiterin Kommunikation Medicus Mundi Schweiz

mstaenke@medicusmundi.ch