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Ruedi Lüthy Foundation

Out of Africa - Berge versetzen

Die vergangene Woche war für mich etwas ganz Besonderes: Eine unserer Patientinnen durfte auf Einladung der Weltgesundheitsorganisation(WHO) für ein paar Tage in die Schweiz reisen. Loyce, eine 22 jährige Frau, konnte in Genf anlässlich der WHO-Versammlung 2014 über ihre Erfahrungen als HIV-positives Mädchen und junge Fau berichten.

Loyce wurde im Jahr 2005 schwer krank in unsere Klinik überwiesen und ist seither bei uns in Behandlung. Ihre Lebensgeschichte ist ebenso typisch wie traurig für ein Kind, das bei der Geburt oder während des Stillens mit HIV angesteckt wird. Sie hatte Glück, dass sie die ersten zwei Jahre überlebte, denn das gelingt nur jedem zweiten HIV-positiven Baby. Als sie fünf Jahre alt war, starb ihr Vater; fünf Jahre später verlor sie ihre Mutter und kurz darauf ihren Bruder. Von da an wurde das damls zehnjährige Mädchen von einem Ort zum anderen geschoben. Sie fand bei Verwandten und Bekannten einen Unterschlupf auf Zeit, ohne je irgendwo willkommen zu sein. Mit zwölf Jahren wurde auch bei ihr die HIV-Infektion diagnostiziert. So kam sie zu uns in die Newlands Clinic und begann mit der antiretroviralen Therapie.

Ihr Schicksal teilt sie mt den meisten unserer jungen Patienten: Drei von vier Jugendlichen haben Vater, Mutter oder sogar beide verloren. In vielen afrikanischen Völkern so auch bei den hiesigen Shona, ist die mündliche Überlieferung der Traditionen ausserordentlich wichtig. Im täglichen Kampf ums Überleben bleibt aber dafür keine Zeit, und es fühlt sich leider auch niemand wirklich verantwortlich für diese unzähligen Waisen. Für einen relgelmässigen Schulbesuch fehlt oft das Schulgeld, oder wiederkehrende Erkrankungen führen zu immer längeren Absenzen. Mit der Pubertät beginnen dann weitere Schwierigkeiten, nicht zuletzt die Auseinandersetzung mit dem anderen Geschlecht, welche durch das Stigma der HIV-Infektion usätzlich erschwert wird. Dazu kommt die Aussichtslosigkeit, eine berufliche Ausbildung zu absolvieren - alle diese Faktoren tragen zur Entwicklung von Depressionen bei, die wir bei mehr als der Hälfte der Jugendlichen feststellen. Unsere Psychologin, die sich um diese vulnerable Patientengruppe kümmert, erlebt sehr häufig, dass die Teenager suizidgefährdet sind. Es ist deshalb auch nicht überraschend, dass bei rund 20 Prozent die Medikamente wegen mangelnder Therapietreue versagen.

Der Bedarf nach Angeboten, welche die Jugendlichen in dieser schweren Lebensphase unterstützen, ist schier unendlich in einem Land mit mehr als einer Million Aids-Waisen und einer Wirtschaft, die am Boden liegt. Im Jahr 2011 haben wir deshalb zusammen mit underer Partnerorganisation Afrieaide ein Berufsausbildungsprogramm für HIV-positive Jugendliche ins Leben gerufen. In den ersten zwei Jahren konnten 60 Jugendliche eine praktische Ausbildung absolvieren und Berufserfahrungen sammeln.

Nun können sich die meisten mit einer selbständigen Tätigkeit über Wasser halten. Sie verkaufen selbst hergestellte Seife oder Erdnussbutter, nähen Kleider, malen oder schreinern. Ihr Vrdient ist bescheiden, doch die Tatsache, dass sie etwas gelernt und sich ein Ziel gesetzt haben, hat ihr Leben verändert. "Endlich habe ich das Gefühl, auch jemand zu sein", ist eine viel gehörte Aussage.

Auch Loyce hat bei Africaid Unterstützung gefunden, und heute arbeitet sie selber für die Organisation als Beraterin und Trainerin und hilft so anderen Kindern und Jugendlichen mit HIV ihr Schicksal besser zu bewältigen.

Die schwierigen Lebensverhältnisse dieser Kinder und Jugendlichen sind für mich schwer zu ertragen und machmal zweifle ich, ob unsere tägliche Arbeit wirklich etwas verändern kann. Wenn ich dann aber sehe, wie aus einem todkranken, abgemagerten Mädchen eine junge engagierte Frau geworden ist, die den Mut hat, an einer WHO-Konferenz über die Befürfnisse ihrer verwaisten Generation zu sprechen, glaube ich, dass sich am Ende doch Berge versetzen lassen.